Das DNT verortet den kruden Stoff im Foyer eines alten Elektrizitätswerks, der Experimental-Spielstätte des Hauses, eine spektakuläre, ideale Location für nahezu alles. An der Bar, rechts neben der improvisierten Bühne, kann man, daily special, leckere, frisch zubereitete Burger kaufen. Teresa Rinn kombiniert verwohntes Billig-Mobiliar mit amerikanischer Emblematik: Flagge und Lichterkette, ständig laufender Fernseher und Riesenkühlschrank voller Bier. Brian Bell, selbst Texaner, setzt in seiner Weimarer Debut-Inszenierung vor allem auf eine flüssige Erzählung der Handlung. Er wickelt die Brutalitäten ohne Peinlichkeiten ab und kann daher die Comic Reliefs etwas weniger knallen lassen als denkbar wäre. Stark ist seine Inszenierung da, wo sie Stille zulässt. Wenn die junge Florenze Schüssler als völlig orientierungslose Dottie etwa einfach dasteht und man zusehen kann, wie etwas versucht, in ihr zu denken. Sebastian Kowski in der Titelrolle scheint sie förmlich um sich zusammenzuziehen, diese Stille. Er trägt nur schwarz, auch im Bett, und den Stetson, das Machtsymbol des verbeamteten Kleinbürgers, zieht er nie aus. Kowski ist kein John Travolta. Seine Souveränität ist nicht nervös, eher bräsig, phlegmatisch, freudlos gemütlich, verbirgt offen Einsamkeit. Coolness hat er sich angezogen wie einen schicken Ausgehmantel. Eine Gegenspielerin findet er in der furios und präzise aufspielenden Anna Windmüller als heimliche Plotterin Sharla, der man die Armut, den „White Trash“, wirklich glaubt.
Brian Bell hat den Stoff so weit „entamerikanisiert“ wie möglich, zeigt eine durch soziale und wirtschaftliche Armut zerrüttete Familie, die überall leben könnte, stellt auch das Unterschicht-Milieu in keinem Moment aus. Dadurch geht der Fluchtpunkt aller US-Dramatik verloren, die Reibung am Mythos vom Amerikanischen Traum. Zurück bleibt eine wirkungsmächtige Komödie, die nicht schön anzusehen ist.