Szene aus der Uraufführung der Kinderoper "Der goldene Brunnen" am Pfalztheater Kaiserlautern

Lyrische Phantasielandschaft

Peter Leipold: Der goldene Brunnen

Theater:Pfalztheater, Premiere:01.10.2023 (UA)Autor(in) der Vorlage:Otfried PreußlerRegie:Friederike KarigMusikalische Leitung:Olivier PolsKomponist(in):Peter Leipold

Zur Eröffnung der neuen Sparte Junges Pfalztheater bringt Regisseurin Friederike Karig in Kaiserslautern die Uraufführung einer neuen Kinderoper auf die Bühne: Peter Leipolds „Der goldene Brunnen“ nach Otfried Preußler: Ein gelungener Auftakt zwischen Märchenschreck und Komik.

Eine Naturkatastrophe bedroht die Bewohner eines kleinen Dorfes irgendwo in Osteuropa: Der Brunnen ist versiegt. Auch noch so tiefes Graben der Burschen Petja (Johannes Hubmer), Mitja (Daniel Kim) und Kostja (Arkadiusz Jakus) fördert kein Wasser zu Tage, sondern Blut. „Ich hab‘ euch gesagt, dass der Brunnen krank ist“, betont die Großmutter (Bethany Yeaman). Sie erinnert an eine alte Erzählung, derzufolge der Brunnen allein durch eine Kanne Wasser vom Goldenen Brunnen geheilt werden kann. Doch nur das Bauernmädchen Maschenka (Sofie Lund) ist bereit, sich auf den gefährlichen Weg zu machen; drei Wunschhölzchen der Großmutter sollen ihr dabei helfen.

Schrate und ausgemusterte Soldaten

In den schwarzen Wäldern gerät Maschenka in die Gefangenschaft des Wolfskönigs, wo sie sich mit dem ausgemusterten Soldaten Mischa Holzbein (Johannes Fritsche) anfreundet; dank eines Wunschhölzchens entkommen beide. Als Maschenka schläft, ver(sch)wendet der von Hunger geplagte Mischa versehentlich eines der Hölzchen für einen immervollen Ranzen voller Speck und Brot und eine immervolle Flasche Schnaps. Zur Befreiung aus dem Nebelwald mit den Schraten Schrätzel (Valerie Gels), Onkelchen (Arkadiusz Jakus) und Tantchen (Polina Artsis) braucht Maschenka dann das letzte Hölzchen. Konfrontiert mit dem Drachen mit den beiden Köpfen Pimpusch (Johannes Hubmer) und Pampusch (Daniel Kim) gesteht Mischa endlich sein Malheur und ist aus Scham bereit, sich von den Drachen fressen zu lassen, damit Maschenka währenddessen zum Brunnen gehen kann. Doch die immervolle Flasche Schnaps lenkt die Drachen so ab, dass Maschenka sie aufspießen und Mischa retten kann. Mit dem erlösenden Wasser kehren sie nach Hause zurück.

Authentische Tonsprache im Stil der Spätromantik

Peter Leipold hat für dieses Märchen eine authentische lautmalerische Tonsprache im Stil der Spätromantik gefunden, deren eingängige Melodien an Engelbert Humperdinck anknüpfen. Hier und da blitzen in der musikalischen Erzählung Harmonien auf, die an Leoš Janáček erinnern. Eine Ouvertüre stellt die wichtigsten Themen vor und stimmt die kleinen und großen Zuschauer auf die Geschichte ein, auf dem Vorhang erscheinen dazu spielerisch Motive aus dem Märchen. Lyrische Momente und dramatische Entwicklungen gehen Hand in Hand; Musik, Text und Szene sind stimmig verzahnt. Fotorealistisches Erzählen vermeiden am Pfalztheater Kaiserslautern (in Koproduktion mit dem Theater Erfurt) sowohl Regisseurin Friederike Karig, die auch das Libretto verfasst hat, als auch ihre Bühnen- und Kostümbildnerin Azizah Hocke.

Eine Wand mit ukrainischen Folkloremotiven deutet ebenso wie die Kostüme ein osteuropäisches Dorf an, die Wölfe kommen wie Soldaten in martialischem Schwarz mit rotfunkelnden Augen daher, die Schrate lösen sich aus einer Phantasielandschaft voll bunter Lianen heraus. Auch die beiden Drachen oszillieren zwischen Märchenschreck und Komik, vor allem als Ungeheuer mit der Schnapsflasche.

Mitreißende Spielfreude

Friederike Karig setzt auf eine psychologisch stimmige Personenführung und Erzählstruktur. Die Emotionen ergeben sich aus der Handlung und werden von den singenden Darstellern mit einer so mitreißenden Spielfreude ausgelebt, dass Kinderstimmen bei der Premiere spontan nach Zugaben riefen. Alles in allem ein rundum gelungener Auftakt der neuen Sparte Junges Pfalztheater!