Der Zuschauerraum bleibt leer an diesem Abend. Schneider setzt sein Publikum auf weiße Drehstühle in den „Aktionsraum Bühne“ hinein. Dieser ist als schmucklose Blackbox zugerichtet, die aber durch unaufdringlich raffiniertes Lichtdesign durchlässig und nie klaustrophob wirkt. „Hindenburg“ lässt Schneider auf die Brandmauer projizieren, „Bikini“ auf das Portal, unter dem die Musiker stehen und sitzen, „Dolly“ desgleichen, allerdings bei hochgefahrenem Vorhang und sachlich erleuchtetem Zuschauerraum. So bleibt „Hindenburg“ reizvolles historisches Referat, wird „Bikini“ subtile, aber klare Anklage und „Dolly“ zum großen Fragezeichen, zum Appell an den Zuschauer, Haltung zu beziehen und zu vertreten. Wo sind die Grenzen für den menschlichen Geist und Tatendrang? Darf es sie, muss es sie geben? Der Wuppertaler Abend beantwortet diese Fragen nicht, sondern stellt sie nachhaltig. Reichs Komposition wird differenziert und dringlich artikuliert. Jonathan Stockhammer modelliert besonders den von Ferne an Wagners Nibelheim erinnernden Abgesang auf das Industriezeitalter in „Hindenburg“, die ironische Melancholie, besonders der Streicher, in „Bikini“ und die furiose Ratlosigkeit in „Dolly“ fast unangenehm feurig heraus. Die Musiker folgen mit spürbarer Begeisterung.
Begonnen hatte der Intendant und Regisseur höchstselbst mit einem charmanten Miniaturpaukenschlag. Als die Zuschauer bereits saßen, führte er souverän und charmant satzkurz in Steve Reich und die Minimal Music ein und animierte das Publikum zur Aufführung von Reichs „Clapping Music“, einem kurzen Stück für klatschende Hände, in dem der Vibraphonist Benedikt Clemens als gleichfalls klatschender ‚Solist‘ die Idee der Minimal Music und die Gestaltungsmöglichkeiten des Phasing sinnlich vorführte. Wie gesagt: ein Statement, das große Hoffnung macht für die Theaterstadt Wuppertal.