Freia, Froh, Donner, Wotan, Fafner, Fasolt und Fricka in „Das Rheingold“ an der Oper Köln im Staatenhaus

Schluss mit lustig

Richard Wagner: Das Rheingold

Theater:Oper Köln, Premiere:26.10.2025Regie:Paul-Georg DittrichMusikalische Leitung:Marc Albrecht

Der neue Kölner „Ring“ an der Oper Köln eröffnet im „Rheingold“ wie ein Märchen für und mit Kindern: Paul-Georg Dittrich zeigt eine naive Freude am Spiel, eine Inszenierung von Unschuld mit Potenzial und lässt schon ahnen, dass diese Unschuld nicht halten wird.

Mehr als ein Dutzend Kinder spielen zum Gesang der Erwachsenen, wenn die Rheintöchter Alberichs Annäherungsversuche herausfordern und abwehren. Die Sänger kommen in Konzertkleidung, die Kinder umspielen sie und versuchen sich gar am Playback. So, als wären sie der Rhein, der unschuldig vor sich hinfließt. Theater zeigt Unschuld mit Potenzial könnte man sagen.

Götter im Märchenmodus

Für den Auftritt der Götter wird dann märchenhaft Wotan (überzeugend: Jordan Shanahan) als putziger Mann im Mond mit Flügelhelm und Angel in der Hand vor wolkigem Kulissenblau. Alles ist hier quietschbunt, wie aus einem nostalgisch handkolorierten Märchenbuch. Fricka (Bettina Ranch), Freia (hübsch zickig: Emily Hindrichs) und die anderen Götter bewegen sich auch so – zwischen Parodie und Albernheit. Der von einer Pappflamme aus ins Spiel einsteigende Loge (komödiantisch: Mauro Peter) im dazu passenden Kostümlook fügt sich hier ein. Die Riesen Fasolt (Christoph Seidl) und Fafner (Lucas Singer) kommen mit einem zweidimensionalen Tieflader auf Plateauschuhen im gestreiften Gangsteranzug mit goldener Dollarzeichenkette um den Hals.

Rheintöchter Woglinde, Wellgunde und Floßhilde mit Kinderstatisterie in „Das Rheingold“ an der Oper Köln im Staatenhaus

Rheintöchter Woglinde, Wellgunde und Floßhilde mit Kinderstatisterie. Foto: Matthias Jung

Pia Dederichs und Lena Schmid sind für diese Ästhetik der Bühne und Mona Ulrich für die der Kostüme zuständig. Und für ihren sukzessiven Wandel. Denn Regisseur Paul-Georg Dittrich wäre wohl nicht an diesen Ringauftrag gekommen, wenn sich da in der Ästhetik nicht noch etwas ändern würde. Das Märchen wird zum Ernst, die Kostüme wandeln sich wie auch das Bühnenbild. Wobei das Dauerspielstätten-Provisorium Staatenhaus natürlich eine besondere Herausforderung für Fantasie und handwerkliche Virtuosität darstellt. Eine Spielfläche ohne die technischen Extras, direkt hinter dem zu ebener Erde postierten Orchester – da muss man sich schon was einfallen lassen, wenn man den Theaterzauber, den gerade auch das „Rheingold“ bietet, nicht wegabstrahieren will.

Nibelheim ohne Unschuld

Der Trick, mit dem Raub des Rheingoldes die Spielfläche durch einen Vorhang mit dem Ausschnitt eines Auges (von Wotan?) zu verkleinern, eigentlich zu fokussieren, und da, wo die Pupille sitzt, einen leuchtenden Neonring zu platzieren, ist clever und ergiebig. Auch für das schwarzweiß kontrastierte, mehrstöckige Nibelheim aus Gerüsten und verglasten Gängen. Die Kinder werden hier wie Gefangene gehalten, die eingeblendeten Videoporträts von Robi Voigt lassen Schlimmeres vermuten. Jedenfalls können sie zu Alberichs Verwandlung in einen Riesenwurm, einen wunderbaren Drachen durchs Gerüstlabyrinth kriechen lassen, als wäre es ein chinesisches Fest. Als Kröte wird der sich exzessiv wehrende Alberich dann mit einem Elektroschocker von Loge dirigiert.

Szenenfoto mit Wotan, Erda und Kinderstatisterie in „Das Rheingold“ an der Oper Köln im Staatenhaus

Szenenfoto mit Wotan, Erda und Kinderstatisterie. Foto: Matthias Jung

Wenn Alberich (Daniel Schmutzhard ist ein überzeugender Gegenspieler Wotans!) schließlich seinen Fluch als zentrale Szene platziert, ist endgültig Schluss mit lustig. Eine Show für sich ist der Auftritt von Erda (Adriana Bastidas-Gamboa) als einer kindlichen Frau in Weiß mit einem Reifrock, unter den sich alle Kinder, vermutlich aus Furcht vor allem, was da kommen kann, für eine Weile verkriechen.

Den zur Auslösung von Freia aufgetürmten Schatz übersetzt Dittrich packend. Da hängen die Kinder, denen als Nibelungen die Lust am Spielen vergangen ist, wie leblos in dem Ring während es auf vier schmalen, vertikalen Bildschirmen im Hintergrund wie flüssiges Gold wogt. Zunächst etwas rätselhaft erscheinen hier die Worte Wolken, Felsen, Fluss und Mond. Wenn jede dieser Bildschirme zu einem der jetzt wieder in Konzertzivil auftretenden Protagonisten findet, liefern die Videos exemplarische Bilder des martialisch Kriegerischen und naturzerstörerische menschlichen Handelns. Einschließlich eines Feuers, das auf den Untergang dieser Welt in der „Götterdämmerung“ verweist.

Direkt am Klang

Marc Albrecht tut am Pult des Gürzenich-Orchesters gar nicht erst so, als könne er einen Graben, gar samt Abdeckung, imaginieren. Man sieht die große Besetzung und hört sie auch. Gerade, wenn im wörtlichen und übertragenen Sinne auf die Pauke gehauen wird. Aber es funktioniert in der Präzision der Details und im faszinierenden Fluss des Ganzen – vom Rheingrund am Anfang bis zum Einzug der Götter – so wie es in dieser Spielstätte eben funktionieren kann! Das Pro- und Contra (für die Regie) am Ende war wagnergemäß. Fortsetzung folgt!