Ein einfaches Stück wollte Lucia Ronchetti schreiben. „Pinocchios Abenteuer“, 2015 entstanden, sollte auch auf der Straße aufgeführt werden können. Nur eine Sängerin, nur fünf Musiker. Auf der Straße verweilen die Menschen auch schon mal nur einen Moment, deshalb muss hier jeder Augenblick für sich stehen, jede kleinste szenische und musikalische Szene die Aufmerksamkeit bannen können. Es geht also nicht darum, Carlo Collodis italienisches Kunst-Nationalmärchen rund und stimmig zu erzählen, sondern in jedem Moment von seinem Kern auszugehen, von dem Kind – dem Stück Holz – das Mensch werden will. Und das gelingt der Komponistin mit einer ungeheuer variantenreichen Klangpalette. Da wird sich kreuz und quer durch die Musikgeschichte gejazzt und gleichzeitig ist der Ronchetti-Stil erkennbar: die so eleganten wie gnadenlosen Tonreibungen, die Lautstärke nicht benötigen, um dem Ohr weh zu tun und sich doch in es hineinschmeicheln; und der angenehm freischwingende Humor.
Die Staatsoper Unter den Linden lässt „Pinoccios Abenteuer“ – wie auch in diesen Zeiten? – nicht auf der Straße spielen, sondern im alten Orchesterprobensaal des Hauses oder besser: am Stream-Bildschirm. Was in diesem Fall sogar mehr als üblich zu bedauern ist. Denn Swaantje Lena Kleff schafft, das verrät der Film durchaus, eine überaus intensive Theateratmosphäre ist.