Forellen und Bären
Wie es scheint, rumort es, die Leute murren ob des Gestanks, des Staubs, der Vernichtung der Landschaft. Die Bürgermeisterin, der Christiane Roßbach einen jovialen, wie herzlichen Anstrich gibt, soll im Interesse des Kapitals die Menschen beruhigen. Dann aber läuft Ammoniak in den Bach, die Fische sterben. Die Regie entwickelt dazu eine absurde Szenerie, in der die Schauspieler und die Schauspielerin mit Forellenmasken agieren. Da wird dann das bekannte Lied von Schubert gesungen und dann tritt ein Bär auf, mit schwarzem Fell und furchterregendem Gebiss, der die Natur zu verteidigen scheint, aber alles fremde Andere eliminieren möchte. Erst beim Studium des Programmheftes wird die eigentliche Funktion der Figur deutlich: Sie ist Symbol für die Politik der rechtsradikalen Partei AUR in Rumänien, Symbol auch dafür, wie asoziales Kapital rechte Extreme erst hochschwemmt.
Cărbunariu entwickelt in ihrer Inszenierung zu den Kompositionen von Emilian Gatsov ein hohes Tempo, das die Neigung steigert, den Szenen einen absurden Kick zu geben. Die Dialoge sind witzig und spritzig. Das Publikum wird von der Bürgermeisterin, die neben ihrem politischen Amt auch noch Lehrerin ist, immer wieder wie eine Schulklasse angespielt. Der Dialog ist voller Pointen und so aberwitzig, wie er auch in der Realität stattfindet. Nein, die Autorin verurteilt nicht, sie führt vor, was in ihrem Heimatland vor sich geht. Gegen das Kapital ist kein Zauberkraut gewachsen, auch nicht im Märchengewand – und das macht trotz aller surrealen Überspitzungen die Handlungen vorhersehbar. Und für den deutschen Zuschauer? Kein exotischer Hauch, sondern diese Vorgänge, wenn sie auch im fernen Rumänien spielen, sind uns nicht fremd. Ca. 80 Prozent des Inhalts von gelben Säcken, bzw. Tonnen werden nicht recycelt, sondern verbrannt – in Deutschland, in Rumänien und anderswo. So werden auch wir als Weltmeister der Mülltrennung belogen.