Man muss das alles erzählen, um die Arbeits-Technik der inszenierenden Choreographin Laura Scozzi zu erfassen. Sie ist eine fröhliche Theatermacherin, die Szenen auf Gag-Tauglichkeit abklopft und dabei – egal, welches Stück gerade vorbeikommt – ihre Einfälle wie aus der Wundertüte über alles auskippt. In Nürnberg, der Deutschland-Station der französisch-italienischen Regisseurin, ging das bei Rossinis „Reise nach Reims“ recht gut, zuvor bei veralbertem Mozart und Berlioz eher nicht, und jetzt bei Offenbach führt es zu einer Schaumschlag-Satire ohne Konturen. Denn Scozzi mag den Spott des Originals nicht wirklich umdeuten, definiert weder die Obrigkeit noch die Scheinmoral neu, hat auch keine Lust auf die Logik des Querschlags im Umgang mit der Konvention. Sie findet alles einfach komisch, vor allem aber sei es „nichts Intellektuelles“.
Dass Komik und Geist gut zusammenpassen, demonstriert in der Nürnberger Produktion vor allem die Staatsphilharmonie. Gábor Káli dirigiert Offenbachs süffige Ironie als Balanceakt zwischen Hommage und Persiflage, lässt dem Original seine heimliche Sehnsucht nach dem großen Klang und stürzt das ganze Orchester aus solcher Träumerei in ein Befreiungsschlagwerk übermütiger Sound-Donnerwetter. Das macht es den Sängern, die gleichzeitig als gemütliche Comedy-Athleten gefordert sind, zeitweise schwer. Sie hecheln dem flotten Witz aus dem Graben, der die Witze auf der Bühne ständig überrundet, lange hinterher, ehe es zur gemeinsamen Linie reicht. Dabei sind Martin Platz und Leah Gordon in den Titelrollen, Martin Berner (Jupiter), Tilman Lichdi (Pluto), Leila Pfister (Öffentliche Meinung) und Michaela Maria Mayer (Cupido) alle aus der ersten Reihe des Opern-Ensembles. Bei ihnen klingen Dialoge oft noch mehr nach „großer Oper“ als der Gesang.
Am Ende teilte sich das Publikum. Beifall fürs Ensemble, kräftige Buh-Rufe gegen die Regie, erst danach auch manches Gegen-Bravo. „Orpheus in der Unterwelt“ ist ein Schatz, der an diesem Abend auf Sichtweit versunken bleibt.