Es sind die Solisten, die diesem „Riccardo Primo“ Aussagekraft verleihen. Star des Ensembles ist der argentinische Countertenor Franco Fagioli in der Titelrolle, der in der Vergangenheit schon mehrfach in Karlsruhe für Begeisterungsstürme sorgte. Besonders eindrucksvoll sind seine lustvoll zelebrierten Registersprünge von tiefer Bruststimme bis ins höchste Falsett. Fagioli besticht durch atemberaubende Koloraturen und höchste Phrasierungskunst. Er inszeniert regelrecht die Musik, wenn er bei „Quanto tarda il caro bene“ (Wie lange zögert meine Geliebte), dem Arioso im zweiten Akt, das Wort „Quanto“ lange dehnt und durch An- und Abschwellen der Stimme expressiv auflädt. Emily Hindrichs verleiht mit ihrem schlichten, klaren Sopran Riccardos Verlobter Costanza edle Züge. Und wenn die Regie den beiden für einen kurzem Moment körperliche Nähe gestattet und sie beim Liebesduett „T’amo sì“ zusammenführt, dann entstehen auch szenisch berührende Augenblicke. Im Laufe des Abends nimmt dieser „Riccardo Primo“ an Fahrt auf. Das Orchester spielt sich frei – und lässt im dritten Akt auch die plastisch komponierte Kriegsmusik mit Hörnern, Pauken und Trompeten lebendig werden. Franco Fagioli darf ein letztes Mal mit vokalen Kunststücken glänzen, eher dieser Riccardo Primo sein Löwenherz Costanza schenkt.