Regisseur Andrzej Woron versucht, sich gegen Klangsturm und zerstörerische Emotionen mit Stilisierungen und Statuarik zu behaupten. Der extremen Farbigkeit der Musik setzt er eine reduzierte Farbdramaturgie entgegen: sonnengrelles Gelb röstet die Familienszenen, in Blutrot sind Liebe und Eifersucht getunkt – und Nachtschwarz steht natürlich für den Tod. Hier dargestellt durch eine vom Wohlstandsmüll lebende Bettlerin – und ihren Helfer, den Mond. Er geht nicht auf, sondern schwebt in Harlekinuniform auf einem Servierwagen aus dem Schnürboden herab und steuert mit einer Art Playstation das Bühnengeschehen. Dabei misslingt ihm (und Woron) das Finale komplett: Wenn der Bräutigam und der Ex seiner Braut um deren Gunst streiten, dabei gleichzeitig eine Familienfehde austragen und sich sinnlos massakrieren, baumeln sie hilflos an Schnüren über dem Boden, bekommen nur ein paar knuddelige Umarmungen, keinen für beide tödlichen Messerkampf hin. Und spätestens da darf gefragt werden: Worum geht’s denn genau? Warum öffnet die Braut ihre Haarpracht willig für diese kerlige Peinlichkeit Leonardo, die als brutaler Macho mit Errol-Flynn-Bärtchen daherkommt? Soll gezeigt werden, dass Frauen in Sachen Partnerwahl nicht zurechnungsfähig sind, gern den netten Biedermann heiraten, aber die rohe Körperlichkeit des eitlen Grobians ersehnen? Deutlich wird Woron auch nicht beim Thema Blutrache, das aus unzivilisierten Zeiten der Selbstjustiz in Form von Ehrenmorden ja auch in Deutschland durchaus Schlagzeilen macht. Die Regie scheint genug Arbeit mit dem Bekleiden, Ausleuchten und Arrangieren der Standbilder zu tun zu haben – als auch noch inhaltlich aufschließen zu können, ob der melodramatische Reißer speziell spanisch, bloß historisch oder gar heutig ist. So lenkt nichts vom Triumph der Musik, des Orchesters und eines durchweg überzeugenden Ensembles ab. Herausragend das „Dienstmädchen“ Regine Sturm, die ihre Empörung über die wankelmütige Braut mit strahlender Verve zu gestalten weiß – und diese selbst, deren Verzweiflung zwischen liebeskuscheliger Ehe- und Eros-schäumender Affärenlust von Yamina Maamar im Stil einer wahnsinnig werdenden Belcanto-Heroine ausformuliert wird: gierig.