„Classy Classics“: So ein Titel im Tanztheater lässt an wunderbare Pas de Deux zum Beispiel in „Schwanensee“ denken. Wenn aber Eric Gauthier einen Abend seiner Dance Company am Theaterhaus Stuttgart so benennt, ist klar, dass er weniger Spuren aus dem 19. Jahrhundert nachverfolgt, sondern damit die Formen des Modern Dance meint. Das ist ganz programmatisch zu verstehen, denn „Classy Classics“ ist die Eröffnung der dritten Ausgabe des „Colours. International Dance Festival“ am Theaterhaus Stuttgart. Hier zeigen herausragende Choreografen aus allen Kontinenten noch bis Mitte Juli ihre neuesten Produktionen. Darüber hinaus setzt sich Gauthier das Ziel, möglichst viele Menschen mit dem Tanz vertraut zu machen. Etwa mit „Colours in the street“ oder Angeboten für Kinder an so tanzuntypischen Orten wie dem Stuttgarter Zoo „Wilhelma“ will er den Tanz populär machen. Die hochkarätigen Produktionen im Theaterhaus einerseits und andererseits die Vermittlung an ein breites Publikum (und zwar mit der Aufforderung zum Selbermachen!) sind für ihn gleichermaßen wichtig.
Auch „Classy Classics“, die Eröffnungsinszenierung des Festivals, ist Programm. Zum Stil von Gauthier gehört, dass er an einem Abend gerne mehrere kleine Stücke von verschiedenen Choreografen in Szene setzen lässt. So auch bei diesem Opening: Sein 18-köpfiges Ensemble studiert alte und neue Choreografien ein, die einen Teil der Geschichte des gegenwärtigen Tanzes markieren. Die Choreografien stellen dabei an die Körper der Tänzerinnen und Tänzer die höchsten Ansprüche, müssen darüber hinaus einen decodierbaren inhaltlichen Bezug haben und schließlich auch noch unterhaltsam sein. Nicht einfach, diese verschiedenen Forderungen zu vereinbaren! Aber Gauthier schafft das. Schon im ersten Stück „Malasangre“ in der Choreografie von Cayetano Soto (2013 erstmals aufgeführt), bewegen sich die sieben Tanzenden in ungeheurem Tempo und mit vitaler Kraft zu der Musik der kubanischen Sängerin La Lupe, die Folklore und Soul miteinander verbindet. Auf dem Bühnenboden sind schwarze Stoffschmetterlinge verstreut, die von der Zerrissenheit zeugen, von der die Lieder erzählen, und die sich szenisch als vergebliche Annäherung zeigen: Jeder Versuch endet wieder im Abstoßen und setzt sich in körperliche Energie um, die Grenzen zu sprengen scheint. Anneleen Dedroog ragt aus einem starken Ensemble hervor, mit dem Mikiko Arai das Stück einstudierte.