Anrührende Haltepunkte bildeten die Szenen mit der Zimmerwirtin „Frau Schneider“ von Gisela Ehrensperger, die ihre späte Liebe zum jüdischen Nachbarn (Franz Wyzner als unbedarftes Opfer) aufgibt, weil sie sich durchwuseln muss: ein erster Ziegelstein hat aus dessen „OBSTLADEN“ die Buchstaben „SA“ herauskippen lassen… Das versteht Cliff richtig und verlässt Berlin – was Dominik Hess aber alles sehr blass und steif gestaltete. Dafür verlieh Markus Meyer dem Conférencier vom Fingerwinken und obszönen Griff in den Schritt – aber bitte immer in weißen Handschuhen! -, über gekonntes Mittanzen mit der Truppe bis zum mal grell giftigen, mal aalglatt hämischen Gesang ein ganz eigenständiges Profil „himmlischer Dekadenz“. Nadine Zeintl bringt für Sally Bowles das Äußere eines Kind-Girlies mit, trötet naiv-dümmlich über alle Drogen-Warnungen und NS-Ahnungen hinweg, mutet ihrem Körperchen dementsprechend alle Verbiegungen und Verdrehungen zu und singt mit einer „Power“, die fesselt. Am Schluss sing-schauspielert sie, halb kaputt nach der Abtreibung des Kindes von Cliff, dennoch hochgeputscht ihr Comeback im „Kit-Kat“: ein Totentanz-Vampirchen, wie eine Marionette ihr Show-Getanze „abspulend“, ein von Ruhm-Gespinsten verblendetes, sich selbst ausbeutendes Menschenkind, – da erreichte der Musical-Abend kurz in Bann schlagendes Tragödienformat. Jubel, Sturmszenen der Begeisterung – und die Prophezeiung: die Aufführungsserie muss trotz Fastenzeit verlängert werden! Jedenfalls sofort Karten besorgen!