Für eingefleischte Wagnerkenner womöglich zu simplifizierend, dennoch clever destillierte er aus Wagners Biografie lediglich fünf markante Schlüsselfiguren, die er seinem sportiven, rastlos erfolgsehrgeizigen Hauptprotagonisten (Hingucker von tragender Persönlichkeit: Claudio Costantino) in dramaturgisch sich überlappenden Szenen hinzugesellte: die beiden Wagnerfrauen Minna (Andrea Vallescar) und Cosima (Caroline Fabre), das Wesendoncksche Gönnerpaar Mathilde (Ina Brütting) und Otto (Riccardo Zandoná) sowie Wagners großen Mäzen Ludwig II. (Alessio Burani). Während Letzterer jedoch eher als stiller Strippenzieher im Hintergrund auf Wagners Weg nach Bayreuth fungiert, gelingt es Yuki Mori im emotional knisternden Umgang mit Soli, Pas de deux, Dreier- bzw. Viererkonstellationen aus den wagnerschen Frauenbeziehungen Vielschichtigkeit herauszumodellieren.
Seine Figuren kommunizieren miteinander, auch wenn sie sich voneinander entfernt bewegen – wie Wagner und Mathilde in der von Claudia Doderer geschaffenen Villa Wahnfried-Atmosphäre, wobei zwei andere Tänzer (Ljuba Avvakumova und Shota Inoue) ihre auch körperlich magnetisierende Leidenschaft und unerfüllbare Liebe visualisieren. Erzählsicher präsentiert sich hier ein Choreograf, der klug zu besetzen, sich einfallsreich zu artikulieren und effektsubtil (mal sonorer Orchesterklang, mal träumerisches Klaviergetuschel) mit Musik von Wagner nebst der von Zemlinsky und Chausson umzugehen weiß.
Ensemblegruppen in gesellschaftlich festlicher oder existenzbedrohender Funktion, die dem Geschehen gezielt hinzuschießen, treiben die Handlung voran. Nach dem ersten Teil allerdings bricht Yuki Mori diese selbstbewusst ab. Sphärisch betörend zu Vorspiel und Karfreitagszauber aus „Parisfal“ endet sein Stück nahezu abstrakt: mit einem Wagner als in sich gekehrtem Visionär.