Stefan Brandtmayrs Bühne streckt über mehrere kantige Nobel-Etagen ein Party-Gehäuse für Neureiche, wo die Skandal-Akteure ihren Zynismus mit Champagner behandeln und später ihren Sturz im steilen Treppenhaus der Macht auch in Zeitlupe nachkosten können. Die Regie, die zu Beginn gleich Heinos „Ärzte“-Travestie („Wie du wieder aussiehst“) als Rundgesang mit gleitendem Übergang in Weihnachts-Evergreens zur Bonus-Runde der Banker kurzschließt, hat da längst die Tonlage bestimmt – man schreit sich meistens an, im Guten wie im Bösen. Aus den Monolog-Schnipseln wird eine zweistündige Behauptung von Attacken-Dialogen, die aus Musical-Mikroports wie verfremdete Zitate abgeschossen werden. Aus der Beschwörung explodierender Zahlen und geplatzter Blasen, unterfüttert von menschelnden Hinwiesen auf Schnäppchen-Käufe oder Prostata-Beschwerden, steigt der Wille zur Charakter-Suche auf wie eine Drohne im Nebel. Daraus entstehen berührende Momente, wenn Michael Hochstrasser mit Ansatz zu heiligem Zorn im Trüben nach der Würde fischt, Jochen Kuhl als Senior-Banker am Status klammert, Frank Damerius den Chauffeur mit dem Volksempfinden andeutet oder Nicola Lembach die taffe Karrieristin hemmungslos über die Krise hinweg ins neue Betrugssystem lenkt. Am Grundproblem ändert es nichts, denn während Regisseurin Petra Luisa Meyer für ihre Schablonen-Collage in jeder Szene nach komödiantischen Schraubverschlüssen sucht (am Ende verkleiden sich gestürzte Bankvorstände wegen des vermuteten Volkszorns mit Sombrero und singen Rex Gildos „Fiesta Mexikana“) und ein gesamtgesellschaftliches Achselzucken im finalen Blackout versinken lässt, kommt der Zuschauer auf verwegene Ideen. Etwa, dass das Gegenwartstheater im direkten Wettbewerb mit dem ARD-Brennpunkt wohl doch nicht triumphieren kann.
Das Publikum nahm den Abend als Bestätigung für alles, was man auch vorher wusste – und applaudierte dem soliden Handwerk der Nürnberger Schauspieler.