Trotz der Einwände beeindruckt die Inszenierung von Ania Michaelis durch eine klare Ästhetik, die den Realismus der Geschichte zugunsten innerer Prozesse vergrößert, und die mit konsequenten Schnitten in die Szenen hinein viel Raum läßt für das eigene Denken. Das Ensemble ist motiviert für diese reduzierte Spielweise und füllt sie mit Genauigkeit und intelligenten Weglassungen. Nahuel Häfliger als Rick ist immer dann eine starke Identifikationsfigur für das Publikum (ab 14), wenn er sich der Übermacht der Clique oder einer ihrer erwachsenen Führer stellen muss, auch in der sensibel erzählten Begegnung mit dem Mädchen Marilyn. In dazwischen geschobenen Monologen, in denen er rückblickend seine Geschichte kommentiert, scheint er sehr reflektiert, was der Figur ein wenig von ihre Verletzlichkeit nimmt.
Ein Ereignis der Inszenierung sind die Comiczeichnungen von Conny Klar, die auf die weißen Wände der leeren, sich nach hinten verjüngenden Kastenbühne projiziert werden: In fiebrigem Tempo gemalt, zeigen sie die Monster und Wunschträume, die in Ricks Kopf immer mehr Raum einnehmen. Dieses erstaunlich sinnliche Mittel nutzt sich in den 85 Minuten Spieldauer nicht ab, sondern hilft dem Schauspieler, die Innenwelten dieses jungen Mannes nach außen zu transportieren, seine Ängste zu verstehen. Die Fragen am Schluss, ob vor Gott alle Toten gleich sind, ob es moralisch richtige Gewalt gibt, bleiben unbeantwortet. Das Publikum nimmt sie mit auf den Weg.