Silvana Schröder  "Der Joker" in Gera

Dauergrinsen, gut und böse

Silvana Schröder: Der Joker

Theater:Bühnen der Stadt Gera, Premiere:22.11.2013 (UA)

Im Nebel fahren aus dem Orchestergraben drei rote Gestalten auf die Bühne: Tänzer in Schlauchgewändern, die ihre Maskengesichter hoch auf den ausgestreckten Armen tragen, überlebensgroß wirken. Sie schmiegen sich wie zu einer Skulptur aneinander, drehen sich, kriechen am Boden, ihre Umwelt mit ihren Fratzengesichtern betrachtend. „Der Dreiköpfige“ nennt die Choreographin Silvana Schröder diese Gestalt(en), eine der Phantasiefiguren, mit denen sie ihr jüngstes Ballett „Der Joker“ in Zusammenarbeit mit dem Puppentheater gestaltet hat. Das erzählt etwas plakativ eine Geschichte von Gut und Böse: Pinguin (Vitalij Petrov), Herrscher der Stadt, tötet einen Menschen, doch der ersteht als Joker (Filip Kvacak) wieder auf. Mit angeschminktem Dauergrinsen gewinnt er die Menschen, wird Feind und Konkurrent des Pinguin, auch um dessen Geliebte, Red Cat.

Diese drei Hauptfiguren zeigen ihre zu Masken geschminkten Gesichtern, doch die anderen Tänzer tragen ausdrucksvolle Puppenköpfe, mal fratzenhaft, mal freundlich (Figuren und Masken: Sylvia Wanke). „Das Wesen“ (Chiho Kawabata), das den Pinguin begleitet, hat gar ein Doppelgesicht auf Vorder- und Hinterkopf, hebt und senkt mal das freundliche, mal das böse Gesicht.

Mit diesen Figuren erzählt Silvana Schröder eine ganz flotte, wenn auch nicht immer nachvollziehbare Geschichte von den zwei verfeindeten Männern. Joker wird beim Einzug in die Stadt von beschirmten Frauen in einer Art Broadway-Tanz zu jazzigen Klavierklängen empfangen, maskierte Tänzer fahren in einer Plexiglaskugel das Objekt der Begierde herein: Red Cat, in hautengen roten Anzug mit Teufelskäppchen, auf Spitze alle überragend, kann sie aber auch wie auf Spinnenbeinen über die Bühne kriechen – tänzerisch wie akrobatisch beeindruckend von Alina Dogodina gestaltet. Und immer wieder geraten Pinguin (im Frack) und Joker (im lila Anzug) aneinander, bedrängen und belauern sich, tanzen ihren Kampf mit heftigen Sprüngen und Drehungen aus. Aber der Pinguin wird auch von Händen an langen Stangen bedrängt, von Tänzern drohend bewegt.

Das alles spielt vor einer Art Hochhaus-Skyline, mit etwas zu vielen Licht- und Farbeffekten. Die Musik, die Schröder dazu ausgewählt hat, hat oft Filmmusikformat („Mord im Orient Express“), mal Klavier, mal Trommelrhythmen, mal auch Mick Jaggers „Sympathy for the devil“. Immer ist es sehr emotionale Musik, die die gut-und-böse-Handlung vorantreibt. Und Silvana Schröder vervielfacht die Figuren: Vom Joker gibt es ein Puppen-Double, das von Spielern bewegt und von Red Cat umtanzt und umgarnt wird; aber auch den Pinguin lässt sie als Pinguinarmee aufmarschieren. Und wenn lauter Joker-Doubles mit Gesichtsmasken das romantisch tanzende Paar Red Cat und Joker umschwirren, dann ist die Bühne wie von tanzenden Comicfiguren bevölkert. So ergibt sich eine unterhaltsame Mischung von ausdrucksvollen Tanzbewegungen und in expressiven Masken erstarrten Gesichtern, auch von maskieren und demaskieren, etwa wenn der Pinguin Red Cat die letzte von vielen Masken abreißt oder der Joker sich zum Ende das Dauergrinsen wieder abschminkt.