Standen schon in den großen „Walküre“-Monologen die Sänger einfach bedeutungslos herum, so ist nun Castorfs Desinteresse an jeglicher kohärenter Erzählung oder Figuren-Konstellation dominant. Viel seiner öffentlich beklagten „kurzen“ Probenzeit hat er darauf verwendet, den hinzuerfundenen Bar-Mann aus dem „Rheingold“ nun als „Bär“ mit langer Halsleine ausführlich zu inszenieren: er wird als „Stück Natur“ von Mime mit Öl beschmiert; er stapelt mehrfach Mimes Bücher um; er kommentiert mit hanebüchenem Körpereinsatz jeden sinnfreien Hammerschlag Siegfrieds. Später ist er aber auch ein gevifter, Dollar-fixierter Kellner auf dem „Alex“ – Interpretationsgewinn: Null! Castorf ansonsten: Alle Frauen sind Nutten; viele um den reichen Fafner herum, den „Siggi“ mit der Kalaschnikow umballert; Erda befriedigt „ihren“ Spaghetti-mampfenden Wotan noch mal schnell oral und das Waldvöglein – im fabulösen Revue-Kostüm aus dem Friedrichstraßen-Palast kommend – führt „Siggi im Rocker-Kostüm“ schon mal schnell in „Sex unter Alex-Laterne“ ein, woraufhin der dann mal Angst, mal gelangweiltes Desinteresse Richtung „Weib Brünnhilde“ zeigt. Deshalb kommen am Ende auch zwei Riesenkrokodile hereingekrochen – Pina Bausch und “Death, Detroit and Destruction“ grüßen. Sie kopulieren stellvertretend für das Heldenpaar, die sie dann auch füttern – wofür „Brünni“ schnell in ein osteuropäisch opulentes Brautkleid gewechselt hat. Der Buh-Sturm für all dies nahm Festspielhaus-sprengende Ausmaße an.
Wozu man glänzende, ihre guten Kollegen überragende Solisten wie Burkhard Ulrich (Mime), Martin Winkler (Alberich), Wolfgang Koch (Wanderer), Nadine Weissmann (Erda) und Lance Ryan (Siegfried) animieren kann, zeigte allein Kirill Petrenko. Sein Dirigat vereint im hell und schlank wirkenden Klangbild feine Motiv-Erinnerungen, ruhigen Fluss mit mehrfach auffallenden Atempausen und dann im grandiosen Vorspiel zum 3. Aufzug auch donnernde Wucht – er ist wohl das künstlerisch einzig bedeutsame Ereignis in diesem Jubiläums-Ring, worüber nach der „Götterdämmerung“ zu reden sein wird.