Baal ist für Brecht der Berserker, der Säufer und Fresser, der Frauenverschlinger und Mörder, „amoralisch in einer amoralischen Gesellschaft“ – aber auch der genialische Poet. Und eben das will er in Puchers Inszenierung offenbar vor allem sein: der Anarcho-Künstler in einer artifiziellen Welt. Christoph Franken (in Größe, Wucht und Masse eigentlich ein echter Baal) klopft mit einem Meißel Figuren aus dem Holz, rezitiert Gedichte und schlägt die Gitarre. Und immerhin, da gibt es ein paar schöne lyrische Momente, wenn Brechts Text einmal ganz zur Geltung kommt. Aber das ist selten. Meist werden die Worte nur gebrüllt und gepresst, oder sie werden von der Hammondorgel zugedeckt, oder sie gehen unter in einem zweistündigen Kunst-Theater, das sich immer viel zu bedeutungsvoll und wichtigtuerisch gibt.
Unter den vielen Kunstsplittern, den zahllosen ästhetischen Verweisen ist der sinnliche, lebenspralle, existenzielle Glutkern des Stücks verschüttet. Um dann doch auch die regressive Naivität und das Animalische der Figur Baal zu zeigen, lässt sich Pucher rasch zu plumpen Überdeutlichkeiten verleiten: Baal, das ewige Kind, muss minutenlang am Daumen lutschen, und Baal, das Tier im Menschen, wird zuletzt ins Gorillakostüm gesteckt. Das aber ist ein Theater der Fingerzeige, hier führt permanente ästhetische Überhöhung zum blassen Kunstzirkus.