„Diese Wut“ (in Elfriede Jelineks gleichnamigem Stück) – „was ist mit der?“ Im Tübinger Zimmertheater züngelt und zuckt sie feurig herum, tändelt, tanzt und flirtet gar mit dem Publikum. Britta K. Schreiber hat aus Jelineks vielstimmigem Wut-Chor, wie ihn Nicolas Stemanns Uraufführungsinszenierung in den Münchner Kammerspielen zeigte, ein Zwiegespräch zweier Frauen gemacht – beziehungsweise ein auf zwei schauspielernde Sprecherinnen verteiltes sprachgewalttätiges Bombardement in Richtung Zuschauerränge. Kim Bormann und Nicole Schneider, die trotz der auf pausenlose 110 Minuten gekürzten Fassung ein unerhörtes Textpensum leisten, präsentieren sich flippig locker und leicht, mit süffisantem Lächeln, manchmal auch mit laut erhobener Stimme und gewissermaßen mit Zornesröte im Gesicht. Beide bleiben trotz der permanenten Formulierungs-Abbrüche und -Neueinsätze stets souverän bei der Sache – nicht etwa bei der Handlung, denn die Jelinek „handelt“ nie – und artikulieren selbst zerfasernde Satzfragmente in vielerlei Stimmlagen nachhaltig ausdrucksvoll.
Die Sache ist sprachlich zelebrierte Wut über die Gräueltaten des meist maskulinen Aggressionsverhaltens, wo allein angreifen und besiegen zählt: „Singe den Zorn der Männersaat“. Offensichtlicher Anlass für Jelineks Suada sind die Anschläge auf Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt in Paris. Die Textbruchstücke weiten den blutigen Horizont mit philosophischem Heidegger-Seinsduktus aber bald auf die gesamte „heroische“ Männerwelt aus und zielen vor der Folie von Iphigenies Tantaliden-Schicksal und ihrem Goethe'schen (von Jelinek zitierten) „Parzenlied“ auch auf mythische Götter (Zeus) und ihre Opfer (Prometheus). Zudem kommen Pegida-Wutbürger, Antisemiten, Flüchtlinge und globalisierende „Freunde Europas“ zur Sprache.