Oje, jetzt ist Elvis schon wieder tot. Nicht nochmal physisch, natürlich nicht, aber eben doch irgendwie schmerzhaft, denn einer seiner vielen Stellvertreter auf Erden, der redlich bemühte „The King“-Imitator Casey aus der US-amerikanischen Provinz, hat aus marktwirtschaftlichen Gründen das Outfit und die Stimmlage gewechselt. Der verlotterte Club am Panama-Beach von Florida, in dem er in glitzernder Jumpsuit-Pelle die unverwüstlichen Oldies aus Presleys Nachlass vor ständig überschaubarer werdendem Publikum röhrte, ist beim immerwährenden Kostümfestspiel auf den Show-Trend zur Drag Queen umgestiegen. Ein kleiner Herr namens Miss Tracy, bewaffnet mit großer Glamour-Garderobe und ebensolcher Klappe, entert die Bühne für einen Beutezug durch gleißende Erinnerungen. Barbra und Cher und Edith und Madonna hat er/sie als Schwarm-Dynamik mitgebracht – und massenhaft Playback-Pröbchen. Was soll so ein Gebrauchtmusiker von der Elvis-Resterampe, der grade daheim mit familiären Krisen kämpft (Scheck geplatzt, Wohnung gekündigt, Job weg, Freundin schwanger, Pizza kalt, und dann auch noch „Hete“ – wie das Schicksal halt so spielt), denn anderes tun als hinterher ins Ungewisse zu springen. Wenn es nur so einfach wäre!
Aber wer sagt denn, dass man es sich mit den Problemen nicht auch mal schön bequem machen kann. Fragte sich der Autor. Sagte sich sein Nürnberger Regisseur. Fanden auch die Premierengäste, die seit der „Rocky Horror Show“ nicht mehr so gekreischt hatten. In der entschieden turbulenten Komödie „The Legend of Georgia McBride“ von Matthew Lopez, der in New York und London für seine Stücke schon reichlich Auszeichnungen einsammelte, aber in deutscher Sprache noch nie aufgeführt wurde, wird der dramaturgische Knoten zum Durchschlagen allenfalls am Hüpfseil gezeigt. Dabei hatte die rundliche Miss, nachdem sie ihren übernommenen Nothilfe-Partner in die Piaf-Nummer des laufenden Programms („Wer ist Piaf?“, fragt er Sekunden vor dem Auftritt) schubste, den Code-Satz für die Alternative platziert: „Drag ist Protest, Drag ist eine erhobene Faust in einem Pailletten-Handschuh.“ Davon ist allerdings nicht viel zu sehen, die Faust bleibt unten, die Pailletten blitzen auf nette Weise unverschämt. Konflikte? Alles Pailletti!