Foto: Donatienne Michel-Dansac in „Playing Trump“ © Brinkhoff/Mögenburg
Text:Sören Ingwersen, am 21. August 2021
Eigentlich ist man froh, nichts mehr von ihm hören und sehen zu müssen. Dass Donald Trump ausgerechnet auf der Opernbühne sein Comeback feiert, kling erst mal skurril. „Playing Trump“ heißt die zweite „Cheap Opera“ des österreichischen Komponisten Bernhard Lang, eine Werkserie, die sich durch kleine Besetzung und dokumentarische Librettotexte auszeichnet. Konzipiert für den Vorplatz der Elbphilharmonie, musste die Uraufführung wegen der Schlechtwetterlage allerdings auf die Probebühne 1 der Staatsoper Hamburg verlegt werden, wo Sopranistin Donatienne Michel-Dansac eine Stunde lang sanglich imposant mit den Worthülsen des US-amerikanischen Ex-Präsidenten jongliert. Der von Dieter Sperl zusammengestellte Text beruht auf Äußerungen Trumps, die in der verkürzten Auswahl zum Teil aber auch von anderen Politikern hätten stammen können.
Diese Unschärfe spiegelt sich auch in der Bühnenfigur wider: Mit Lederjacke, abgeschnittenen Jeans, Netzstrümpfen, Boots und blonder Kurzhaarfrisur changiert Michel-Dansacs Look zwischen trotzigem Teeny und Hilary Clinton. Mal gibt sie die fauchende Hexe, mal den Kämpfer mit Boxhandschuhen, später taucht ihr Kopf wie eine Kasperfigur hinter dem Rednerpult auf. Doch im Ganzen inszeniert Opernintendant Georges Delnon das Spiel mit sparsamen Gesten und wenigen Requisiten, wenn Trump seine politische Gegnerin als „crooked Hilary“ diffamiert, sich mit seinen Plänen zum Mauerbau an der mexikanischen Grenze zum Retter der Nation stilisiert oder Meinungen, die ihm nicht passen, als „Fake News“ brandmarkt. Dabei geben die fünf Musiker ständig neue Rhythmen vor, allen voran Lin Chen an ihrem Schlagwerk, das fast den halben Bühnenraum füllt. An den Synthesizern sorgen Johannes Harneit und Robert Jacob für elektroakustische Breiten- und Tiefenwirkung, während Saxofonist Andreas Mader und E-Gitarrist Christian Kiefer das von Emilio Pomàrico geleitete Ensemble mit zugespitzten Klangbausteinen und soghaften Motivschleifen komplettieren. In dieser stringent vorwärtsdrängenden Musik führt der Text ein Eigenleben, löst sich ab von der Person Trumps und wird zum Symptom eines Systems, das sein Vertrauen verspielt hat. Darin – und in der musikalisch hervorragenden Umsetzung – besteht die große Kraft dieses „Playing Trump“-Abends.