Das "Foyer Public" des Theaters Basel

Das Theaters Basel: Ein Foyer als Wohnzimmer

Das „Foyer Public“ am Theater Basel ist täglich für Jung und Alt geöffnet. Intendant Benedikt von Peter hat es als Begegnungsstätte in Anlehnung an die South Bank in London und das Centquatre in Paris gestaltet: mit Raum zum Arbeiten, Chillen oder Frühstücken.

„So wurde noch nie ein Theater eröffnet.“ 1975 hat sich Hans ­Hollmann den Slogan zur Einweihung des neu gebauten Basler Theaters einfallen lassen. Längst ist er, vielfach abgewandelt, zu einem geflügelten Wort geworden, das wohl immer an den ehemaligen Intendanten des Hauses erinnern wird, der im vorigen Jahr
verstorben ist.

Ein Ort für alle

Die einst so werbe- wie wirkungsreiche Offenheit hat sich insofern erhalten, als das Theater Basel sein weitläufiges Foyer seit dem Amtsantritt Benedikt von Peters zur Spielzeit 2020/21 rund um die Uhr für alle offen hält. Um genau zu sein: Täglich zwischen 11 und 18 Uhr, den Montag ausgenommen, bewährt sich Foyer Public inzwischen als eine Art „überdachter Piazza“, wie das der Intendant in seiner Saisonvorschau formuliert, und damit als ein „Ort für alle, die Begegnung und Raum suchen“. Das ist es in der Tat. Wer immer hier zusammensitzen oder für sich bleiben will, findet einen Platz. Es gibt im oberen Teil ein Theatercafé, das ab 9 Uhr zum Frühstück lädt. Es gibt jede Menge Stühle samt Tischen und Steckdosen fürs Computer-Arbeiten; noch bequemer lässt sich’s auf Sesseln und einer Sofaecke chillen. Auch die breiten Treppenstufen laden zum Verweilen ein. Wer lesen will, braucht kein Buch mitzubringen: Die Stadtbibliothek hat im Foyer eine Zweigstelle eingerichtet. Und ja, auch das gibt es: ein Klavier und einen Stock tiefer ein Bett – eine Ruhemöglichkeit, versichert der Intendant, die durchaus wahrgenommen wird.

Das Theater Basel

Das Theater Basel. Foto: Ingo Höhn

Kinder sind nicht nur willkommen; für die kleineren wurde – etwas abgeschirmt von den Erwachsenen – ein Spielplatz eingerichtet, für die größeren ein Flipperautomat aufgestellt. Und selbst das ist gestattet: den Weg vom Bahnhof in die Stadt einfach übers Foyer abzukürzen. Vielleicht fällt ja en passant der Blick auf jemanden, mit dem man schon immer mal ins Gespräch kommen wollte. Alles ist erlaubt, solange man Rücksicht übt. Und das scheint zu gelingen; Randale gab’s jedenfalls bisher noch nie. „Der Raum ist für alle da“, sagt der Intendant und lacht: „Schließlich zahlen ja auch alle Steuern.“ Und wenn jemand mal stört oder die Regeln des Raumes zu durchbrechen sucht, wird er oder sie von den sogenannten „AskMe-Mitarbeiter:innen“ diskret darauf aufmerksam gemacht.

Aufwand und Erfolg

Denn ohne Betreuung funktioniert so eine Einrichtung nicht. Benedikt von Peter hat deshalb seit seinem Amtsantritt die Vermittlungsabteilung neu strukturiert. So gibt es jetzt ein Team Theater Public unter der Co-Leitung von Anja Adam und Pa­trick Oes mit rund 25 Freiwilligen und zwei Praktikant:innen, das aus dem Hintergrund heraus den Raum gestaltet. Schließlich sollen sich die Tänzer oder Sänger bei ihren Appetizer-Auftritten oder Kleinformaten nicht ins Gehege kommen. Auch größere Veranstaltungen gilt es zu kommunizieren – beispielsweise spontan per Messenger, wenn gerade etwas im Foyer geschieht. „Ein Coaching und Sicherheitstraining ist deshalb für die Kolleg:innen Voraussetzung“, sagt der Intendant. „Schließlich sollten alle Mitarbeitenden das Theater von Grund auf kennen; vielleicht gilt es ja mal, auf Bitten der Besucher kurzfristig einen Proben- oder Trainingsbesuch zu arrangieren.“

Klar, dass das alles mit viel Aufwand verbunden ist. Benedikt von Peter hat deshalb anfangs Geld von allen drei Theatersparten abgezogen und auf das Foyer Public verteilt. Aufgrund des Erfolgs – während der Pandemie-Spielzeit 2020/21 zählte das Theater pro Monat rund 1700 Besucher; jetzt hat sich die Zahl verdoppelt – ist der Intendant guter Hoffnung, dass der Kanton Basel das Foyer Pu­blic im neuen Subventionsvertrag berücksichtigt und entsprechend honoriert.

Benedikt von Peter

Benedikt von Peter, Intendant des Theaters Basel. Foto: Christian Knörr

Natürlich fragt man sich, ob das Projekt mehr Publikum generiert. Benedikt von Peter verzeichnet zwar seit dem letzten Jahr einen 12-prozentigen Zuwachs an jungen Zuschauenden, sieht das aber nicht unbedingt im Zusammenhang mit dem Foyer Public. „Eine solche Einrichtung funktioniert nicht, wenn man im Hintergedanken den Kartenverkauf hat.“ Dass jemand, der die vielfältigen Möglichkeiten des Raums wahrnimmt, mal auf den Gedanken kommen könnte, sich eine Vorstellung anzuschauen, das möchte allerdings auch er nicht ausschließen.

Es passt zum Unterstatement des Intendanten, dass er Vorbilder keineswegs leugnet. „Wir sind nicht die Ersten, die so etwas tun“, sagt er und verweist in diesem Zusammenhang auf die Tate Gallery, das Barbican Center, die South Bank in London oder das Centquatre in Paris, deren Konzepte von ihm und seinem Team genauestens studiert wurden. „Sie sind alle etwas anders“, betont von Peter, „und keins produziert selber, so wie wir es tun.“ Insofern erfüllt das Foyer Public eine Modellfunktion für deutsche Theater, auch wenn sie nicht über ein so großzügiges Foyer verfügen wie das in Basel. Ein städtisches Wohnzimmer, ein Ort der Begegnung und Normalität lässt sich überall einrichten!

Dieser Artikel ist erschienen im Märzheft 2023. Kritiken der DEUTSCHEN BÜHNE zu aktuellen Inszenierungen am Theater Basel finden Sie hier.