Eine Szene aus „Der schwarze Mönch" von Kirill Serebrennikov

Gedanken zu Russlands Krieg

In unserem Märzheft werden wir einen Artikel über das unverhoffte Auftauchen des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov im Januar 2022 in Hamburg veröffentlichen. Im Thalia Theater konnte er mit Akteurinnen und Akteuren aus Russland und Deutschland die Inszenierung „Der schwarze Mönch“ nach einer Erzählung von Anton Tschechow zur Premiere bringen. Unser Kritiker Michael Laages war überwältigt: „In knapp drei pausenlosen Stunden reißt all das mit, wie lange nichts mitgerissen hat im Theater. Sprach- und atemlos sitzen wir davor – und wissen kaum noch, wohin mit so viel Aufregung, so viel theatraler Emotion und Energie.“ (Siehe auch seine zuvor veröffentliche Online-Kritik.)

In vier Variationen wird da die Geschichte eines größenwahnsinnigen Mannes erzählt, der sich als Erlöserfigur stilisiert und damit eine ganze Familie in den Abgrund reißt. Die brutale Politik des russischen Präsidenten hat nun im Bezug auf die kulturpolitischen Aspekte den Artikel überholt – was natürlich das kleinste Problem dieses Tages ist. Im selben Heft wird meine Kollegin Bettina Weber in ihrem „Theatertagebuch“ eine Äußerung Serebrennikovs zur Arbeit in Hamburg zitieren – und wir hatten noch in der Redaktion beraten, ob das zu viel von diesem Regisseur in einer Ausgabe sei. Aber das ist es sicherlich nicht: „Im Theater hier brauchen wir keine Übersetzung mehr, auch keine Übertitel; wir arbeiten in drei Sprachen – mühelos. Theatermenschen verstehen sich viel besser als Politiker oder Soldaten. Darauf sollten wir bauen.“

Serebrennikov ist und war Opfer der willkürlich wirkenden und immer unrechtsstaatlicheren Politik Putins. Unberechenbar und rücksichtslos werden Künstlerinnen und Künstler seit Jahren durch die russische Regierung bedroht und unterdrückt. In der jungen bühne berichteten wir bereits vor Jahren über Mascha Alechina von der Band Pussy Riot, die nach ihrer Performance in einer Kirche zwei Jahre im Straflager verbrachte. Oder über die junge Regisseurin Yulia Tsvetkov, der wegen ihres politisch engagierten Theaters eine lange Haftstrafe drohte.

Der Krieg in der Ukraine wird für uns Anlass sein, verstärkt die Arbeit von Theaterleuten in der Ukraine, in Russland und anderen Ländern, in denen Menschenleben, Freiheit und Kunst bedroht sind, zu beobachten. So eindeutig wir gegen die kriegerische Politik Russlands sind, so sehr bleiben wir interessiert an den Menschen im Land und an dem Theater aus diesem Land. Unsere Solidarität aber gilt im Moment ganz den Menschen in der Ukraine.