Solidargemeinschaft Stuttgarter Theater. Eine Gruppe von 18 Erwachsenen und einem Kleinkind steht auf Treppenstufen und halten ein Plakat auf dem in schwarzer Schrift steht Solidargemeinschaft Stuttgarter Theater

Solidarität in Stuttgart

Was noch vor der Coronakrise begann, hat sich in der Zeit der Pandemie und nachfolgenden Krisen bewährt: Vor sechs Jahren schlossen sich in der Solidargemeinschaft­ Stuttgarter Theater (SST) 16 produzierende Häuser zusammen, um sich auszutauschen, zu unterstützen und kulturpolitisch zu engagieren.

„Alle Theater am Fuße des Freiheitsdichters Friedrich Schiller mit großem Banner!“ Axel Preuß, Intendant der Schauspielbühnen Stuttgart, schildert, wie er für das Projekt „Vielfalt – 0711 für Menschenrechte“ Theaterleiterinnen und -leiter auf dem Schillerplatz versammelte. Die Aktion ging deutschlandweit viral und hatte Folgen vor Ort: „Alle wollten weitermachen“, so Preuß. Damals selbst neu in Stuttgart, lud er ins Alte Schauspielhaus, um über kulturpolitische Themen zu sprechen. Schnell sei klar gewesen: Die Tre­ffen müssen verstetigt werden – die Solidargemeinschaft Stuttgarter Theater (SST) war geboren! Kamen die Mitglieder anfangs vierteljährlich bei wechselnden Gastgeberinnen und Gastgebern zusammen, tun sie es nun einmal im Monat hybrid, also analog und digital per Zoom. Preuß schmunzelt: „Aber gefeiert wird analog.“

Die Form der Zusammenkünfte sei dem Arbeitsrhythmus und der sich wandelnden Krisenlage geschuldet. Als ab dem 13. März 2020 mit dem ersten Corona-Lockdown alles dicht war, habe man begonnen, sich wöchentlich zur „Krisenbewältigungsrunde per Zoom“ zu sehen, etwa mit Vertretern des Gesundheits- und des Ordnungsamts. „Die Pandemie schweißte uns zusammen“, so der Intendant. „Tag für Tag neue Bestimmungen und Umsetzung, vieles war zu klären. Das Netzwerk funktionierte extrem gut – zum Austausch, als Infobörse, um sich wechselseitig zu unterstützen, auch mal mit Equipment.“

Konkurrenzdenken abbauen

Julianna Herzberg vom Theater La Lune unterstreicht, die Solidargemeinschaft sei eine der wichtigsten Kontaktrunden in der Pandemie gewesen. Nur gemeinsam könne man Enormes leisten. „Der Austausch gab mir als Leiterin ein bisschen Halt, vermittelte Sicherheit. Ich schätze sehr, dass sich damit das Konkurrenzdenken unter den Theatern und jahrzehntelange Hürden gravierend abgebaut haben! Wir sitzen alle im gleichen Theaterboot, niemand nimmt dem anderen etwas weg.“ Die Gemeinschaft strahle in der Kulturpolitik auch auf Landesebene und über Baden-Württembergs Grenzen hinweg aus. In der SST sind derzeit 16 Häuser aktiv.

„Wir sind kein eingetragener Verein, sondern ein Kreis mit gemeinsamer Schnittmenge“, so Preuß. „Wir sind alle Produzierende mit festen Häusern von 50 bis 1000 Plätzen.“ Dabei künstlerisch heterogen: Die Bandbreite reicht von klassischem Schauspiel, Kinder- und Jugendtheater über Kabarett und Varieté bis Puppen-, Objekt- und Figurentheater. Für jene, die von außen dazukommen, etwa freie Szene oder Kommunaltheater, gibt es „interne Botschafter und Botschafterinnen“, so Preuß. Als offizieller SST-Sprecher ist er auch Ansprechpartner der Landeshauptstadt Baden-Württembergs. „Das Kulturamt muss Israel und die Folgen. Preuß: „Wir kamen so stark in die Debatte, dass wir uns nochmals analog trafen.“

Förderungen an steigende Kosten anpassen

Ein wichtiges Thema der SST ist die Dynamisierung der Kosten, um Förderungen an steigende finanzielle Bedarfe anzupassen. Dazu reichten die Theater gemeinsam einen Antrag ein. Im aktuellen Doppelhaushalt von Stuttgart 2025/26 ist diese zu finden. Das Kulturbudget wurde um 27 Millionen Euro auf 49 Millionen Euro erhöht; der Gesamthaushalt für 2024 beträgt 5,4 Milliarden Euro, der Etat für 2025 5,8 Milliarden Euro. Dazu betont Ilona Schaal, Chefin des Theaters Rampe, wie sehr sie die Arbeit der SST schätze. Toll sei der o­ffene, hilfsbereite, engagierte Umgang untereinander. „Ich habe dadurch ein Gefühl, eine Art ‚Au­ffangseil‘ zu haben, falls ich Fragen oder Unsicherheiten im Hinblick auf die Stadt habe.“

Auch gemeinsame kulturpolitische Veranstaltungen bietet die Gemeinschaft. So lud die SST in Kooperation mit dem Stuttgart Europa Theater Tre­ffen (SETT) am 16. Dezember 2024 in das Theater tri-bühne zur Podiumsdiskussion. Der ungarische Co-Intendant und Regisseur László Bagossy diskutierte mit dem Autor und Journalisten Peter Laudenbach, dem slowakischen Autor Michal Hvorecký und dem OSTEN-Festivalmacher Martin Naundorf über das Thema „Rechtspopulismus und Theater“.

Die Mitglieder der SST: Studio Theater & Kindertheater Kruschteltunnel, JES – Junges Ensemble Stuttgart, Rosenau Kultur, Dein Theater | Wortkino, Theater Rampe, Theater La Lune, Theater der Altstadt, Theater tri-bühne, Wilhelma Theater, Theater Tredeschin, Forum Theater, FITZ Zentrum für Figurentheater, Theaterhaus, Friedrichsbau Varieté, Renitenztheater, Schauspielbühnen e. V., Theaterschiff

Dieser Artikel ist erschienen in Heft Nr.1/2025.