Das SWR Symphonieorchester in der Philharmonie Köln mit Bas Wiegers

Vor dem Aus: Acht Brücken Festival Köln

Das Kölner Acht Brücken Festival  ist ein wichtiger Ort für Neuentdeckungen und Aufführungen aus der internationalen und Kölner zeitgenössischen Musikszene. Ab 2026 hat die Stadt Köln sämtliche Mittel für das Festival gestrichen und die Liquidierung der Acht Brücken GmbH beschlossen. Ein enormer Verlust für Köln und die Kultur. Hier die Bilanz des vorerst letzten Acht Brücken Festivals.

„Lang lebe das Acht Brücken Festival“, sagt Geigerin Carolin Widman nach ihrem Auftritt mit dem SWR Symphonieorchester in der Kölner Philharmonie. Aber von jedem Besuch mit Konzerten der diesjährigen 15. Festivalausgabe in verschiedenen Spielorten der Stadt bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Denn die Stadt Köln hat dem Festival die Zuschüsse von 450.000 Euro gestrichen, obwohl sie bis 2027 zugesagt waren. „Es ist in einem weg“, sagt Louwrens Langevoort, Intendant der Kölner Philharmonie, der das Festival seit der Gründung 2011 als Nachfolgefestival der Kölner Musik Triennale leitet. Ob einige der bereits zugesagten Projekte nun durch die Mittel anderer Sponsoren wie dem Land und der Kunststiftung NRW umgesetzt werden können, wird sich zeigen.

Porträt Louwrens Langevoort

Louwrens Langevoort. Foto: Jörn Neumann

Jedes Jahr stellt das Acht Brücken eine:n Porträtkünstler:in ins Zentrum, dieses Jahr die finnische Komponistin Kaija Saariaho (1952-2023). Im Gedächtnis bleiben außergewöhnliche Formate wie Rebecca Saunders‘ 2023 in der Philharmonie aufgeführte Klanginstallation „Myriad“ für 2464 Spieluhren. Das Festival ist ein wichtiger Anlaufpunkt für die Musik der Moderne, für Uraufführungen zeitgenössischer Komponist:innen und Ensembles, für internationale Spitzenkünstler:innen und die freie Musikszene Kölns. „Es ist sehr wichtig, dass die Musik nicht da bleiben muss, wo sie schon immer war. Dass man Künstlern die Freiheit gibt, Grenzen zu überschreiten“, beschreibt Langevoort die Relevanz des Festivals.

Komponist:innen-Schwerpunkt

Das hat Acht Brücken oft geleistet mit Schwerpunkten zu beispielsweise Iannis Xennakis, György Ligeti oder John Cage, mit den Wiener Philharmonikern oder dem New York Philharmonic Orchestra. 25.000 Zuschauer:innen hat das Festival in einem Durchschnittsjahr. Das Publikum  –   „ein interessanter Mix“, beschreibt Langevoort –, stürmt immer noch in großer Zahl zu den vielen Spielorten wie dem WDR Funkhaus, in die Philharmonie, in den Festsaal der Wolkenburg oder auf die Rodenkirchener Brücke.

Porträt Kaija Saariaho

Kaija Saariaho. Foto: Maarit Kytöharju/Fimic

„Licht“ ist dieses Jahr das Motto des Festivals, und dessen Verbindung mit musikalischen Klängen faszinierten die Komponistin Saariaho. Jede Veranstaltung mit gemischten Programmen verschiedener Komponist:innen trägt einen mottospezifischen Titel. Mit „Terra memoria“ war das Konzert des Kuss Quartett im WDR Funkhaus mit zwei Streichquartett-Uraufführungen von Mauro Montalbetti und Mark Andre übertitelt, als eine Erinnerung an die Erde, mit Entschwundenem und in Abstraktion. „Nymphea“ vom Asassello Quartett tauchte den Festsaal der Wolkenburg ins Dunkel. Kein Licht störte bei diesem mitreißenden Konzert mit Saariahos elektronisch verstärkten Streichquartett, einer düsteren Skrjabin-Überschreibung von Gerard Pesson, und „Black Angels“ von George Crumb, wo die Streichquartett-Klangwelt um Gongs, Stimmen und mit Bögen bespielten Gläsern erweitert wurde.

Allein 16 Uraufführungen und deutsche Erstaufführungen standen dieses Jahr im Programm des achttägigen Festivals. Viele davon werden live vom WDR aufgezeichnet und im Radio übertragen. Diese Atmosphäre, in der das Publikum zu einer Gemeinde wurde, die gemeinsam Ungehörtes anhörte, ist absolut faszinierend – und nun wohl Vergangenheit. „Man muss komplett neu anfangen“, beschreibt der Intendant traurig und endgültig die Lage des Festivals nach 15 erfolgreichen Jahren.