Foto: © Martin Kaufhold
Text:Karin Pütz, am 11. Mai 2025
Dass Hass, Hetze und Unwissenheit heute die Demokratien bedrohen, zeigt das Theater Trier mit pointiertem Humor. Manfred Langners Inszenierung der Uraufführung „Putsch“ ist eine kluge und treffende Satire der Gesellschaft.
„Anleitung zur Zerstörung einer Demokratie“ lautet der Untertitel von „Putsch“. Und diese Anleitung ist so präzise, so aktuell und eigentlich so einfach erklärt, dass den Zuschauenden bei der Uraufführung im Theater Trier die Entscheidung zwischen Lachen und Entsetzen oft schwerfällt. Das Lachen steht bei dieser bösen Satire scheinbar im Vordergrund. Immerhin sind die meisten Menschen, die ein Theater auch von innen kennen und lieben, der Demokratie zugewandt und wissen um die derzeitige Lage. Die Fragilität unseres Friedens und unserer Grundwerte ist denen, die im Publikum sitzen, durchaus bewusst. Ähnlich wie bei der ZDF-Satiresendung „Die Anstalt“ könnte man sagen: Es gucken wieder nur die Falschen. Wer weiß, vielleicht würde „Putsch“ den einen oder die andere noch zum Nach- und möglicherweise Umdenken bringen. Denn bei allem Humor im Stück – das Nachdenken ist der Sinn und Zweck beißender Satire.
Witze über das zu machen, was schiefläuft, ist einfach. Nur dieser eine Kabarettist, dessen Humorverständnis die Populisten anspricht und der nicht bemerken will, dass er mit seinem Bashing gegen Veganer, Wokeness und Wärmepumpen nur zur Spaltung beiträgt, nur der hat es nicht verstanden. Zumindest im Stück läuft dieser Kabarettist – Pardon: die Kabarettistin – in die Falle der Brandstifter. Sie ist so eine, die laut Aussage ihrer Fans endlich mal ausspricht, was das Volk will. Aber es sind nur die Hetzer und Ewiggestrigen, die meinen, heute nichts mehr sagen zu dürfen. Klara Milkowski (schön naiv: Martine Schrey) spricht „Klartext“ und wird dafür gefeiert und von Oskar Falk (ausdrucksstark: Patrick Nellesen), Vorsitzender der rechten Partei „Unser Haus Deutschland“ instrumentalisiert.
Hass, Hetze und Humor
Dass Hass und Hetze verbunden mit Unwissenheit mit Hilfe der Medien zu einer Gefahr für die Demokratie werden, ist bekannt. Aber so lustig und pointiert wie auf der Bühne des Trierer Theaters bekommt man es selten präsentiert. Hier kann man über den Wutbürger (in Bestform: Michael Hiller) herzlich lachen. Achtung, Spoiler: Erst als er unter der neuen Regierung zum Kulturminister gemacht wird, der das Programmheft des Theaters zerreißt und angedeutet darauf uriniert, bleibt bei den Menschen im Saal das herzhafte Lachen im Halse stecken.
Dabei hatte es der Conférencier, überzeugend dargestellt von Raphael Christoph Grosch, doch das ganze Stück über moderiert: Gleich zu Beginn hatte er die eindrucksvolle Szene, in der Soldaten unter dem Rotorengeräusch eines Hubschraubers ins Kanzleramt eindringen, unterbrochen mit den Worten: „Eine Demokratie schafft man nicht mit bumm bumm und peng peng ab.“ Die martialischen „Oldschool-Putschisten“ hatte er von der Bühne gejagt und dem Publikum erklärt, wie so was heute geht. „Jeder Putsch braucht das Chaos“, sagt er charmant lächelnd. Und dann wird uns im Theatersaal eindrucksvoll und mit viel Humor vor Augen geführt, mit welchen Mitteln Chaos sich gegenwärtig herbeiführen lässt.
Bild der Gegenwart
Vor wenigen Jahren wäre dieses Stück als witzige futuristische Komödie durchgegangen, als zu übertrieben dargestellte Parodie. Im Jahr 2025 ist „Putsch“ genau richtig: eine von Intendant Manfred Langner genial inszenierte böse Satire aus klugen Texten, pointierten Scherzen, hervorragend choreografierten Szenen, einem raffinierten Bühnenbild und einem mehr als überzeugenden Ensemble, von denen die meisten Mitglieder in mehreren Rollen zu sehen sind (Eva Stempel, Jana Tali Auburger, Giovanni Rupp, Stephan Vanecek, Ralf Neisius, Lea Seul, Ruth Winandy). Ihr Spiel zeigt: Das Ensemble des Theater Trier steht auf der Seite der Demokratie. Das tut gut, wie am langanhaltenden Schlussapplaus zu erkennen ist, bei dem es die Zuschauenden schnell von den Plätzen reißt.
Aber ach – es gucken eben wieder nur die „Falschen“. Es wäre wünschenswert, dass dem von Alistair Beaton und Dietmar Jacobs eigens für das Theater Trier geschriebene und mit regionalen Gags gespickte Stück die breite Masse erreicht und der Sprung über die Stadtgrenzen hinaus gelingt. Der Gesprächsfetzen eines Lehrers in der Pause lässt hoffen: „Das Stück besuche ich mit meiner Klasse.“