Der Koffer wird aufgeklappt...

Wanderausstellung zm Bundestheaterpreis

Staßfurt liegt in Sachsen-Anhalt, etwa 40 Kilometer südlich von Magdeburg. Das als gemeinnütziger Verein geführte Salzlandtheater bespielt und verwaltet hier fünf Gebäude, darunter der heutige Theatersaal aus dem Jahr 1880 und der Tilly-Saal, einen der ältesten Räume der Kreisstadt Staßfurt. Bereits zu DDR-Zeiten wurde der Mehrspartenbetrieb zu einem Schauspielensemble verkleinert und 1976 in ein Gastspieltheater umgewandelt. Heute richtet sich das Angebot des Salzlandtheaters an die Salzstadt Staßfurt mit ihren circa 20.000 Einwohner:innen. Das Team und ehrenamtliche Helfende sind im Austausch zum Beispiel mit dem Carl-Maria-Weber-Theater im 20 km entfernten Bernburg. Bei besonderen Gastspielen erreicht das Salzlandtheater Publikum aus dem Großraum bis Magdeburg und Braunschweig. Standort, Engagement und inhaltliches Profil des Hauses stehen fast paradigmatisch für das Förderanliegen des Bundestheaterpreises, den das Salzlandtheater 2021 als eine von zehn Bühnen erhalten hat. 

Insgesamt 42 Theater wurden bisher mit dem von Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien a. D., 2015 erstmals ausgelobten Theaterpreis des Bundes geehrt. Bewerben konnten sich Subventionstheater und Theater mit überwiegend öffentlicher Förderung. Das Hauptaugenmerk der Jurys der im Zweijahresrhythmus – und in Koproduktion mit dem Internationalen Theaterinstitut (ITI) – verliehenen Auszeichnung richtet sich auf Bühnen jenseits der Metropolen und an deren Rändern. Mindestens sieben der jeweils zehn ausgezeichneten Theater sollen in Städten mit weniger als 300000 Einwohner:innen beheimatet sein.

Am 4. April wurde nun in den Räumen des Salzlandtheaters Staßfurt in Sachsen-Anhalt die vom ITI organisierte Wanderausstellung „Dialog und Auseinandersetzung, Umgestaltung und Stärkung – Theaterarbeit jenseits der Metropolen“ eröffnet, die bis zum Ende der Spielzeit 2021/2022 durch neun der 2021 ausgezeichneten Theater touren wird. Aus einer kofferartigen Konstruktion entfalten sich die Holzwände mit den Exponaten. In einer digitalen Präsentation werden die Preisträger-Theater mit interaktiver Landkarte, Links zu kurzen Profiltexten, Bildmaterial und den Jury-Würdigungen vorgestellt. Auf einer Seite der Wand geht es primär um soziale Dialoge durch Theater und deren Bedeutung in nicht-urbanen Topographien. Auf der anderen Wandseite finden sich künstlerisch gestaltete Angebote zur Mitwirkung für das Publikum und die Öffentlichkeit. Die Ausstatterin und Puppenbauerin Larissa Jenne hat eine Schattentheater-Box konatruiert, für die jede:r sein eigenes Bühnenbild bauen kann. Das Kollektiv theatrale subversion zeigt in seinem filmischen Essay „Hier Draußen“ die Bedingungen des freien Produzierens ohne eigenes Theaterstammhaus. Auch die sozialen und künstlerischen Herausforderungen durch Entvölkerung und demographischen Wandel werden thematisiert. Auf ein Transparent setzte Micha Kranixfeld sein Glossar „Eine Kunst der Beziehungen“ für das „Theatermachen in der Provinz“. Die Würdigung der Preisträger-Bühnen und die Darstellung ihrer Wirkungsambientes bietet auch der Politik Definitions- und Diskussionsanreize zu dem, was Theater will und was es vermag.

Neben der Präsentation der Bundestheaterpreisempfänger und einem inhaltsreichen Plädoyer für Theater abseits der Metropolen benannte Felix Sodemann, der Projektkoordinator beim ITI für den Theaterpreis des Bundes, eine wesentliche Gemeinsamkeit nahezu aller Preisträger: Es werden fast immer Theater ausgezeichnet, die ein weltoffenes wie thematisch weitgefasstes Programm bieten und damit auch an öffentlichen Diskursen ihrer Standorte partizipieren und diese mitprägen – wie eben das Salzlandtheater.

In Staßfurt ist die Ausstellung bis zum 19. April zu sehen. Danach ist aie an folgenden Häusern und Daten zu erleben: WUK Theater Quartier  in Halle (Saale) (20.04.-05.05.2022), Wuppertaler Bühnen (im Opernhaus, 06.05.-19.05.), Schlosstheater Moers  (20.05.-30.05.), Theater an der Ruhr in Mülheim (Ruhr) (31.05.-09.06.), G7 Mannheim (10.06.-20.06.), Theater an der Glocksee Hannover (21.06.-11.07.),  LOT-Theater in Braunschweig (12.07.-21.07.) und Jahrmarkttheater Bostelwiebeck (22.07.-01.08.). Der Eintritt ist frei. In der Regel wird die Ausstellung während aller Veranstaltungen des jeweiligen Theaters zugänglich sein.

 

Die Ausstellung von innen © Michel Barre

Die Ausstellung von innen © Michel Barre