
Richard Siegal probt öffentlich
Foto: Szene aus Richard Siegals nächstem Stück © Thomas Josek Text:Verena Blatz, am 10. März 2023
Im Rahmen der lit.Cologne veranstaltete Richard Siegal mit „Storytelling within Dance” eine öffentliche Probe für seine neuste Produktion. „Ballet of (Dis)Odedience“ wird ab 24.03.23 am Schauspiel Köln gezeigt.
Nicht oft gewähren Choreografen dem Publikum noch vor der Premiere Einblicke in ihre neusten Kreationen. Am Schauspiel Köln hat Richard Siegal – Gründer und künstlerischer Leiter von Richard Siegal/Ballet of Difference – dies gewagt und einen ersten Eindruck von der Bewegungssprache und dem Rhythmus von „Ballet of (Dis)Odedience“ präsentiert. Zugleich bekam man einen Einblick in die Arbeitsweise des Choreografen und seiner Tänzer:innen.
Die Stimmung, die das Stück vermittelt, ist nicht vom Tanz allein geprägt. Es sind Details, wie das Quietschen der Schuhe und die Sprechweise, mit der Anweisungen gegeben werden. Siegal und das Ballet of Difference sind im Rahmen eines internationalen Austauschprojekts nach Japan gereist, wo sie sich mit der Praxis des „Japanese Precision Walking“ auseinandergesetzt haben. So ist ein Motiv des Stücks das Eins-werden mit der Gruppe, ein wichtiger Aspekt beim „Japanese Precision Walking“ und ein frappierender Gegensatz zur eigentlichen Arbeitsweise der Kompanie, deren Name ja gerade Vielfalt, Veränderung und Unterscheidung impliziert. Siegal will sich hier die Frage stellen, wie sich die Idee des Synchronen im postmodernen Tanz verwenden lässt.
Richard Siegal im Gespräch: Tabula rasa des Balletts?
Im Anschluss an die Probe fand ein Interview mit Richard Siegal statt, moderiert vom Dramaturgen Tobias Staab. Eine Frage zielte darauf ab, wie seine Stücke entstehen: Was dient zur Ideenfindung, womit wird gearbeitet? Über das synchrone, beinahe militärische, Bewegungsvokabular hinausgehend, das ihm als Material dient, hat Siegal ein weiteres Medium für die Entstehung der neuen Produktion genutzt: ein Theaterstück des japanischen Schriftstellers Mishima Yukio. Letztlich konnte der Text aber nur der Ideengebung dienen, weil das Schauspiel Köln die Nutzungsrechte nicht bekam.
Siegal verneint die Frage, ob seine Stücke einen erzählenden Charakter haben. Ihn interessieren eher choreografische, gespielte Situationen und Charaktere, aber nicht das Erzählen von Geschichten. Normalerweise macht er keine Handlungsballette, mit der Ausnahme einer Petruschka-Produktion Ende letzten Jahres. Siegal spricht vom kulturellen Gedächtnis des Klassischen Balletts. Er möchte mit dem Ballet of Difference Tabula rasa, einen Neuanfang machen.